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Intuition in der Ernährungsberatung

Veröffentlicht am 18.11.2019

Intuition ist die Fähigkeit , Eigenschaften und Emotionen komplex zu erfassen sowie Einsichten in Sachverhalte und Sichtweisen zu erlangen, ohne den Verstand zu gebrauchen. Aber Intuition ist auch eine innere Fähigkeit, die man ausbilden kann, indem man aufmerksamer dafür wird.
Es ist häufig beschrieben worden, dass sich die Intuition nicht abschalten lässt. Also selbst wenn wir glauben, in einem Gespräch oder einer Beratungssituation rein analytisch und faktenbasiert vorzugehen, ist die Intuition immer dabei. Neben dieser Tatsache gibt es aber auch einige wichtige Gründe, der Intuition in der Beratung größere Beachtung zukommen zu lassen. In diesem Artikel wird beschrieben, warum ich in meinen Beratungen immer auch intuitiv vorgehe. Des Weiteren erläutere ich, was dabei zu berücksichtigen ist und welche Fallstricke dabei auftreten können.

Der wichtigste Grund, warum die Intuition bei mir einen hohen Stellenwert hat, ist die Tatsache, dass in einer Beratungssituation immer mehrere Faktoren zu berücksichtigen sind. Neben den klinischen Werten wie zum Beispiel den Blutzuckerwerten oder auch dem Ergebnis eines Tests auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist immer die individuelle (soziale, berufliche, wirtschaftliche etc.) Situation des Patienten / Klienten von Bedeutung. Auch das Wahrnehmen von Stimme und Stimmung Körperhaltung und Ausdruck können nicht außen vor bleiben, um eine angemessenen Beratung zu leisten.

Sind also, wie nahezu immer, mehr als zwei Faktoren in der Beratung zu berücksichtigen, versagt ein rein auf Fakten basierendes Vorgehen. Kein Flussdiagramm und keine Differentialdiagnostik ist in der Lage, alle Faktoren, die für die Beratung eine Rolle spielen, in ihrer Komplexität schnell zu erfassen. Konzentriert man sich nur auf die klinischen Parameter, könnten individuell wichtige Faktoren aus dem Blickfeld geraten und das kann nicht zu befriedigenden Ergebnissen im Beratungsprozess führen.

Das erinnert an die Suche nach dem verlorenen Schlüssel unter der Laterne, weil nur unter der Laterne genug Licht zum Suchen ist.

Hinzu kommt, dass ein intuitives Vorgehen häufig unerlässlich ist, um die Compliance der Klienten (neuerdings auch Adhärenz genannt) zu erhöhen. Die Patienten entwickeln, wenn sie sich mit ihren Anliegen umfänglich verstanden fühlen und wenn ihre gesamte Lebenssituation in der Beratung berücksichtigt wird, ihnen also empathisch begegnet wird, mehr vertrauen und so kann ein gemeinsames Vorgehen zwischen Patient und Therapeut abgestimmt werden. Maßgeblich ist dabei in jedem Fall der Auftrag der Ratsuchenden.

Dazu möchte ich hier ein Beispiel anführen: Karl A. wurde von seinem Hausarzt mit folgenden Beschwerden in die Ernährungsberatung geschickt: Er litt seit einiger Zeit unmittelbar nach dem Essen unter Bauchschmerzen. Der Arzt führte darauf hin einen Fruktosetoleranztest durch, der positiv ausfiel. Daher empfahl der Arzt ihm eine Ernährungsberatung, damit er lernen könne, mit seiner eingeschränkten Fruktosetoleranz umzugehen. Allerdings hatte der Patient bis dahin tatsächlich noch nie mit den Symptomen einer Unverträglichkeit auf den Verzehr von fruktosehaltigem Obst reagiert. Leider brachte deshalb auch eine nahezu vollständige Vermeidung von fruktosehaltigen Lebensmitteln keine durchschlagende Besserung seiner Beschwerden. Nach ausführlichem Anamnesegespräch, in dem Herr A. mir davon berichtete, dass er schon immer auf Aufregung mit Bauchschmerzen reagiert hat und nachdem er mir seine momentan stressige berufliche Situation geschildert hat, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der Fokus nicht nur auf der Fruktosezufuhr liegen sollte, sondern seine psychische Situation berücksichtigt werden sollte.

In diesem Fall wurde also zunächst keine gesicherte Diagnose gestellt. Es war nötig, mithilfe der Intuition, die durch eine tiefe Zuwendung im Gespräch bedingt ist, eine mögliche Ursache für seine Beschwerden zu finden. Ich erlebe immer wieder Fälle, wo Menschen in solchen Fällen einfach fehlende Compliance (Adhärenz) unterstellt wird.

Ein weiterer Fall war Vera S. Sie kam in die Beratung, weil sie nach dem Verzehr verschiedenster Lebensmittel reagiert hat. Dabei verspürte sie nach fast jedem Essen ein unangenehmes Kribbeln auf der Zunge und im Gaumen. Diverse Allergietests blieben ohne Befund oder waren noch nicht abgeschlossen. Ein Fruktosetoleranztest war positiv und Frau S. berichtete davon, dass sie nach dem Verzehr von Rotwein und Orangensaft mit Kopfschmerzen und Hautrötungen reagiert hat. Im ausführlichen Anamnesegespräch stellte sich heraus, dass Frau S. zum Beratungszeitpunkt sowohl beruflich als auch familiär unter extremen Belastungen litt. Des weiteren berichtete sie davon, dass sie auf Belastungen schon immer mit Bauchweh und Durchfall reagiert hat, was auch jetzt der Fall war.

Von ärztlicher Seite wurde ihr geraten, auf alle fruktose- und histaminhaltigen Lebensmittel zu verzichten und nach weiteren Allergietests, die dabei als positiv getesteten Lebensmittel zusätzlich zu meiden. Zudem litt Frau S. unter einer Pollenallergie.

Frau S. war schlicht verzweifelt: Essen und genießen waren bisher wichtige Werte gewesen und jetzt sollte trotz ihrer ohnehin schon großen Belastungen auch noch der für sie wichtige Entlastungsfaktor Genuss wegfallen.

In der Beratung habe ich dann mit ihr das Vorgehen abgestimmt: ein Beschwerdetagebuch sollte zunächst Klarheit darüber bringen, welche Lebensmittel tatsächlich Schwierigkeiten bereiten. Ebenso sollte sie beobachten, ob diese auftretenden Schwierigkeiten mit der aktuellen psychischen Belastung in Zusammenhang stehen könnten. Bei vielen Nahrungsmittelunverträglichkeiten gibt es nämlich unter Stress ein Absinken der individuellen Toleranzschwelle.

Hier wird deutlich, dass die klinischen Parameter allenfalls Hinweise liefern aber niemals Grundlage für dauerhaften Verzicht auf bestimmte Lebensmittel sein sollten. Dies gilt um so mehr, wenn sich dann wie in diesem Fall, ein Großteil der Beschwerden auf Kreuzreaktionen auf eine Pollenallergie zurückführen lassen. Neben der stärkeren Reaktion bei Stressbelastung kommt somit noch ein stärkeres Absinken der Toleranzschwellen bei Pollenflug hinzu. Der Patientin generell zu empfehlen, auf die vermeintlichen Auslöser zu verzichten, führt zu unnötigem Frust und Belastungen. Dagegen ist es angezeigt, die Patientin dabei zu unterstützen, dass sie Ihre Reaktionen besser bewusst wahrnehmen und einordnen kann und somit selbst zur Expertin ihrer Ernährung wird.

Wird in der Beratung dagegen nicht intuitiv und damit wenig empathisch vorgegangen, besteht eine große Gefahr, dass ich als Berater falsche Schlüsse ziehe.Das will ich an dem Beispiel „Übergewicht“ erläutern.

Vorurteile und Diskriminierungen von Menschen sind allgegenwärtig. Ein Teil der Gesellschaft muss immer sozusagen als Ventil herhalten, damit die Mehrheitsgesellschaft sich besser fühlt. Seit einigen Jahren nimmt erfreulicherweise die Ausgrenzung bei vielen Randgruppen, die früher noch ganz erheblich darunter litten, ab. Bei Menschen mit Behinderungen, Menschen mit dunkler Hautfarbe oder auch bei Menschen von der Norm abweichenden sexuellen Orientierungen hat die Diskriminierung deutlich nachgelassen.

Nicht so bei Menschen mit Gewichtsproblemen. Hier werden nach wie vor und nach meinem Eindruck eher noch zunehmend den Vorurteilen und Diskriminierungen freien Lauf gelassen. Auch die Ernährungswissenschaft hat einen Anteil daran, indem sie starr daran festhält, dass die Ursache für Übergewicht fast ausschließlich in der Energiebilanz und damit im persönlichen Verhalten zu suchen ist. Da sie ihre Schlüsse aber immer anhand von Korrelationen zieht, bleiben dabei wichtige Faktoren ohne Beachtung. Mitverantwortlich für weiter bestehende Vorurteile und Diskriminierungen ist aber auch der Zeitgeist und der damit einhergehende Körperkult. Nicht zuletzt sorgt auch die „Abnehm-Industrie“, die gerne und immer wieder in der Öffentlichkeit verlautbaren lässt: mehr Energie verbrauchen als aufzunehmen führt bei jeder und jedem zur Gewichtsabnahme. Warum diese Gleichung eben nicht funktioniert, werde ich später in einem Beitrag ausführlicher erläutern.

Als Berater und als Teil der Gesellschaft unterliege ich ständig der Gefahr, mich solchen Vorurteilen unbewusst anzuschließen, diese als Wahrheit zu verinnerlichen. Wenn diese dann noch einen „wissenschaftlichen“ Anstrich bekommen, fällt es schwer, diese Vorurteile als solche zu erkennen. Es besteht demnach also permanent die Gefahr, diese Vorurteile meinem intuitiven Wissen hinzuzufügen. Deshalb halte ich es für unabdingbar, dass ich meine Vorurteile und scheinbar wissenschaftlich gesicherte Wahrheiten ständig überprüfe und in Frage Stelle.

Ernährungsberatung kann nicht rein intuitiv durchgeführt werden. Vielmehr kommt es darauf an, die Intuition ernst zu nehmen.

Diplom-Oecotrophologe Edgar Schröer GAP-Zentrum Schwanallee 17  35037 Marburg

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